© Miriam Stanke
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Autor:innen,  Roman

“Krach”-Macher Tijan Sila unter der Lupe

Mit “Krach” veröffentlichte Tijan Sila am 06.05.2021 seinen dritten Roman.

Mit einem Klick aufs Bild kommt ihr zur Rezension

Nachdem mir dieses Buch so unglaublich gut gefallen hat, fragte ich Tijan, ob er mir einige Fragen beantworten möchte, um Euch den Autor und auch sein neuestes Werk ein bisschen besser vorzustellen.

Tijans Debütroman “Tierchen Unlimited”, sowie der Folgeroman “Die Fahne der Wünsche” stehen auf meiner Lesewunschliste weit oben. Die beiden Bücher beginnen einen 5-teiligen Zyklus, welcher aber durch den aktuellen “Krach”er unterbrochen wird. Für mich, und sicher auch für einige von Euch, ist es wichtig, zusammenhängende Bücher immer der Reihe nach zu lesen. Ich war also sichtlich beruhigt, als Tijan Sila mir versicherte, dass “Krach” unabhängig ist und frei gelesen werden kann. Allerdings handelt es sich bei Silas bereits geschriebenen und geplanten Büchern um einen thematischen Zyklus. Ihr könnt die Bücher des Autors also frei nach Lust und Laune lesen, ohne dass Euch Zusammenhänge und Fakten fehlen. Thema des kompletten Zyklus ist übrigens “Überlebende” und ich bin sichtlich gespannt, was diese Bücher bereit halten!

Worum geht´s eigentlich in “Tierchen Unlimited”?
Tierchen Unlimited beschreibt den Krieg in einem Land durch die Augen eines Jungen und versucht, die Normalität aufzuzeigen, welche es trotz des Bombenhagels für Familien aufrecht zu erhalten gilt. Schließlich flieht die Familie des Jungen nach Deutschland, wo dieser sich mit Neonazis und den ersten Liebesgefühlen konfrontiert sieht

Worum geht´s eigentlich in “Die Fahne der Wünsche”?
Dieses Buch erzählt von einem Land, in welchem eine Diktatur herrscht. Innerhalb dieser versucht ein junger Rennradfahrer zu sportlichen Erfolgen zu gelangen und den Weg des Erwachsenwerdens zu beschreiten.

Der Autor selbst wurde 1981 in Sarajevo geboren und verlebte seine Teenager Zeit in den 90er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland. Nach meinem Empfinden ist gerade der Roman “Krach” politisch angehaucht und wenn man in die Geschichte eintaucht, keimt doch der Verdacht auf, dass Tijan Sila einiges an persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen in dieses Buch gepackt hat. Gerade die 90er Jahre sind geprägt von einer Unruhe, Unsicherheit  und einer unglaublichen Gewalt, die wohl kaum wirklich aufgearbeitet wurde. Nicht umsonst nennt man diese Jahre die Baseballschlägerjahre. 

Was sind eigentlich die Baseballschlägerjahre?
Diese Jahre beschreiben insbesondere den in Ostdeutschland aufkeimenden Hass, Rassismus und die brutale Gewalt unter Jugendlichen. Neonazis streiften durch Städte und Dörfer und gaben sich klar mit Bomberjacken, Springerstiefeln und dem Hang zur körperlichen Gewalt zu erkennen. Oftmals eskalierten diese Gewaltausbrüche und Andersdenkende oder gar Fremde wurden Opfer schwerster Gewalt und mussten nicht selten um das eigene Leben fürchten.

Wer sich noch ein bisschen genauer über das Thema informieren möchte, kann sich die Dokumentation des “rbb” ansehen oder sich mit Christian Bangel (Autor der Zeit) und seinem Buch “Oder Florida” auseinandersetzen.

Quelle und Dokulink: https://www.rbb-online.de/doku/b/baseballschlaegerjahre.html

Der Autor selbst will mit diesem Buch aber keine Sicht- bzw. Denkweise vorgeben und hält sich mit politischen Botschaften zurück. Ihm ist es wichtig, dass sein geschriebenes Wort vieldeutig bleibt. Natürlich empfindet er es als wunderbar, wenn Leser:innen aus seinen Zeilen etwas ziehen können, aber es liegt ihm doch fern, belehren oder gar maßregeln zu wollen. Er sieht dies auch nicht als Aufgabe der Literatur. Macht es doch eine gute Geschichte aus, wenn sie vielseitig und offen gegenüber Interpretationen sein darf.

Ich denke, dass ist dem Autor sehr gut gelungen. Man kann “Krach” lesen, ohne sich groß Gedanken um ein Wieso oder tiefere Gedankengänge zu dem Leben in den Jahren des frisch wiedervereinigten Deutschlands zu machen. Das Buch ist eine phänomenale Unterhaltung und besticht durch Humor und Leichtigkeit. Und dennoch, kann man sich der Ernsthaftigkeit verschiedener Themen hingeben, die innerhalb des Romans angeschnitten werden und sich seine eigenen Gedanken zu den verschiedenen Thematiken machen und vielleicht Schlüsse ziehen, wieso die neuen Rechten immer noch auf dem Vormarsch sind und welche Entwicklung dies seit den 90er Jahren genommen hat.

Übrigens spielte Tijan Sila, genau wie seine Romanfigur Gansi, selbst in einer Punkband. Aus den alten Zeiten gibt es keine Hörproben mehr, dafür erzählt er von seiner derzeitigen Band “Korrekte Drinks” und teilt einen Link um mal reinzuhören:

https://korrektedrinks.bandcamp.com/releases

Im neuen Roman dreht sich natürlich auch viel um Musik und die Band der Protagonisten. Um die richtige Lesestimmung auch musikalisch einzustimmen, erstellte Tijan eine Playlist zum Buch, die Ihr Euch bei Spotify anhören könnt. Ich persönlich mag es sehr, wenn sich die Autoren eine solche Mühe machen und uns Lesern mit solchen zusätzlichen Features verwöhnen.

Playlist Krach von Tijan Sila auf Spotify

Langweilig wird es Tijan übrigens auch nicht, neben seiner Tätigkeit als Lehrer, schwirren in seinem Kopf eine Menge Ideen für neue Projekte. Aber wie so oft, gibt es mehr Ideen, als Zeit. Welche Idee zu einem Roman führen könnte, entscheidet er übrigens nicht alleine, Unterstützung erhält er hier von seiner Frau, seiner Agentin und seiner Lektorin.

Ich bin gespannt, welche Werke es zukünftig durch die geballte weibliche Kontrollinstanz schaffen und kann Euch den Autor wärmstens ans Herz legen. Unglaublich nett und offen ist er mit meiner Anfrage und meinen neugierigen Fragen umgegangen. Vielen Dank an dieser Stelle dafür. Ein Dank gebührt natürlich auch dem KiWi Verlag (in Zusammenarbeit mit der Fotografin Miriam Stanke), welche mir das Rezensionsexemplar “Krach” und die Fotos des Autors zur Verfügung stellten.

Rezensionsexemplar, KiWi Verlag
Bild von Tijan Sila: © Miriam Stanke

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